Wie wichtig sind die Bürgerbusse für Kevelaer und Umgebung?

 

Ein Bericht in der Rheinischen Post

 Wie wichtig der Bürgerbus ist, wurde beim NRW-Treffen in Kevelaer deutlich. Im Hintergrund der Mitglieder des Vorstands von „Pro Bürgerbus NRW“ sind die verschiedenen Fahrzeuge aufgereiht. Foto: Evers, Gottfried (eve)

Kevelaer Im Konzert- und Bühnenhaus fand am Wochenende die Jahreshauptversammlung des Dachverbandes Pro Bürgerbus NRW statt. Anlass, dort zu tagen, war das 25-jährige Betriebsjubiläum des Bürgerbusvereins Kevelaer-Twisteden.

  • Von Sabine Hannemann

In Reih und Glied stehen 38 Bürgerbusse aus ganz NRW auf dem Peter-Plümpe-Platz in Kevelaer. Sie geben ein prächtiges Bild ab und zeigen, wie vielfältig die optische Gestaltung sein kann.

Gleichzeitig stehen sie für bürgerschaftliches Engagement im Nahverkehr der besonderen Klasse. Von Ahaus im Münsterland bis zum Sauerland sind die Bürgerbusvereine der Einladung in die Marienstadt gefolgt. Eine Jahreshauptversammlung ohne spektakuläre Höhepunkte wie etwa einer Vorstandswahl, meint Jürgen Burmeister vom NRW-Landesvorstand. 55 Bürgerbusvereine hatten sich für das Treffen angemeldet.

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Bürgerbusse fahren viele Kilometer

Fahrer Bundesweit gibt es 400 Bürgerbusvereine (NRW 145). Vor der Pandemie saßen in NRW 556 Fahrerinnen und 3149 Fahrer am Steuer im Dienst der Mitmenschlichkeit. Sie leisteten rund 312.000 Stunden ehrenamtliche Hilfe und legten zusammen 6,53 Millionen Kilometer zurück.

Fahrgäste 1,23 Millionen Fahrgäste nutzen diesen Nahverkehr der besonderen Art.

Kevelaer ist Ort des Austausches, der Erfahrungsberichte, denn die Pandemie hat auch die Bürgerbusse, die Fahrer und Fahrgäste getroffen. „Wir hatten vor Corona rund 1,23 Millionen Nutzer in NRW, überwiegend im Seniorenalter wie auch unsere Fahrer. Aktuell sind wir wieder bei 700.000 Fahrgästen. Es läuft wieder an, so dass wir den ländlichen Raum abdecken können“, so Burmeister.

Corona hat ziemlich viel durcheinandergewirbelt. Hinter manchem Verein liege daher eine schwierige Zeit. Auch weitere Herausforderungen erreichen die Vereine, wie etwa die Frage nach einem Bus mit E-Antrieb. „Das ist schon schwierig. Eine Lösung haben wir noch nicht. Wir dürfen das Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen nicht überschreiten. Die schweren Batterien sind der Knackpunkt“, so Burmeister. In zehn oder zwanzig Jahren, so seine Prognose, gehe es dann um das Thema autonomes Fahren. „Aber vorerst geht es mit unseren Bürgerbussen weiter“, so Burmeister. Jeder der Bürgerbusse verfügt über Individualität und eine Ausstattung, passend zum Gebiet. Ähnlich wie in jedem Verein müsse die Werbetrommel gerührt werden, damit es mit dem Nachwuchs am Steuer klappe. Die Einsatzzeit liegt bei bis zu drei Stunden pro Woche und wird individuell gehandhabt. Nach einer entsprechenden Einweisung, medizinischem Gesundheitscheck, Null-Punktekonto in Flensburg und einwandfreiem Führungszeugnis steht einer ehrenamtlichen Karriere nichts im Wege.

Einer von ihnen ist Klaus Fahrenholz, der nach seiner Lehrerzeit seit sieben Jahren Menschen von A nach B fährt. „Das macht Spaß. Man ist unter Menschen, die unheimlich dankbar für diese Fahrdienste sind. Man erlebt viel“, so Klaus Fahrenholz, der in Twisteden unterwegs ist.

Ähnlich der Standpunkt von Marianne Wolf, die seit 25 Jahren zur Twistedener Mannschaft gehört. „Ich erlebe so schöne Geschichten. Langweilig ist es nie“, so Marianne Wolf. Rund 85 Prozent Fahrer chauffieren die überwiegend weiblichen Fahrgäste, die entweder keinen Führerschein oder kein eigenes Fahrzeug haben. Fahrerinnen sind rar. „Wir würden gerne mehr in unseren Reihen haben. Manche aber scheuen die für sie ungewohnte Größe des Fahrzeugs“, so Burmeister.

Rund 95 Prozent des ländlichen Raums werden durch den Einsatz der Bürgerbusse abgedeckt. Mit gleich vier Bürgerbussen führt Kevelaer die Riege sogar bundesweit an. Vor 25 Jahren startete der Bürgerbusverein in Twisteden, dann folgten die Vereine in Winnekendonk, Wetten und Kervenheim. Twisteden wird alle 60 Minuten angefahren, die anderen Stadtteile alle 90 Minuten. Alle vier Bürgerbuslinien fahren die Innenstadt an und werden über die Stadtwerke Kevelaer betreut.

„Erfunden“ wurden die Bürgerbusse übrigens in Großbritannien (als „Community bus“) wohl Anfang der siebziger Jahre. Mitte der siebziger Jahre gelangte die Idee in die Niederlande („Buurtbus“) und 1985 nach Deutschland. Der erste ging am 3. März 1985 zwischen Legden, Heek und Ahaus in den Liniendienst, heißt es in einer Zusammenfassung, die Klaus Fahrenholz vor dem NRW-Treffen in Kevelaer zur Einstimmung abgibt.

Egal ob in Großbritannien, den Niederlanden oder am Niederrhein, eines eint die Bürgerbusse: auf dem Land sind sie eine wichtige Verbindung, um in die nächst größere Stadt zu kommen. Sie bieten einen Service über den normalen öffentlichen Nahverkehr hinaus. Mögllich wird das nur durch das Engagement der Ehrenamtlichen.